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Zu Besuch im Leutzscher Holz

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Die neuen Lebenszeichen im Leipziger Stadtteil “Leutzsch” waren uns einen Kurzbesuch wert.

(…) …dass die Landesliga 2011/2012 zwei Mal ein Leutzscher Derby in dieser Spielzeit “SG Leipzig Leutzsch vs. BSG Chemie Leipzig” zu bieten hat – sozusagen grünweise Chemiker gegen Chemiker. Im Prinzip ein Spiel, was die Leutzscher Welt nicht braucht!

Beide Leutzscher Vereine werden in der kommenden Saison den Alfred-Kunze-Sportpark nutzen, wobei die neue “SG-LL” als Hauptmieter und die “Ball-SG” als Untermieter in Erscheinung treten. Nach dem sich beide Vereine geeinigt hatten, wurden die Verträge vor der in Stein gemeißelten 64er-Meistermannschaft der BSG Chemie Leipzig im Kunze-Sportpark unterzeichnet. Gespielt wird nun jeweils Samstag und Sonntag in der altehrwürdigen Spielstätte in Leipzig-Leutzsch. [ostfussball.com) (…)

Die Anreise nach Leutzsch gestaltet sich für uns etwas schwierig, denn schon sehr lange haben wir den Alfred-Kunze-Sportpark nicht mehr von innen gesehen. So fahren wir zunächst am S-Bahnhof Leutzsch vorbei und stellen fest, dass dieser zu tiefsten DDR-Zeiten noch einladender ausgesehen hat. Die einzigste Farbe an dem heruntergekommen Gebäude wird durch ein paar Chemie-Graffitis fabriziert. Keine Ahnung, ob dieser städtische Trümmerhaufen überhaupt noch von Fahrgästen genutzt wird. Mit einbrechender Dunkelheit möchte man sich aber wahrscheinlich nicht an diesem finsteren Haltepunkt befinden.

Da wir die Einfahrt zum “AKS” verpassen, landen wir zunächst in einer Sackgasse der angrenzenden Laubenkolonie. Wir sehen jedoch von dort aus schon die alte Tribüne der ehrwürdigen Spielstätte. Endlich angekommen, müssen wir leider feststellen, dass hier heute keine offizielle Stippvisite im Innenraum möglich ist. Vor dem Eingangsbereich verschließt uns eine Kette den Zugang. Doch so einfach geben wir uns nicht geschlagen und machen trotzdem ein paar Fotos vom Innenraum. Es ist für uns kaum vorstellbar, wie hier zu den “guten alten Zeiten” der Chemiker noch 20.000 Zuschauer Platz fanden.

Ein besorgter Anwohner, der uns scheinbar bei unserer Klettereinlage über die Gitter am Eingang beobachtet hat, kommt auf uns aufgeregt zu und fragt ob wir vielleicht zu den neuen Besitzern der Spielstätte gehören. Er möchte gleich mal eine Beschwerde wegen einer störenden Bauplane am Zaun des Stadions loswerden, die ihm jede Nacht bei starkem Wind den wohlverdienten Schlaf raubt und schimpft. “Keiner kümmert sich hier darum, alles muss man alleine machen!” Mir fällt auf Anhieb Hausmeister Krause und sein Slogan “Ordnung muss sein” ein. Er fuchtelt noch etwas mit seinem Besen herum, aber die Plane am Zaun lässt sich einfach nicht bändigen.

Obwohl wir dem älteren Herrn nicht helfen können, kommen wir ins Gespräch und können ihm ein paar Anekdoten rund um das Geschehen an dieser traditionsreichen Spielstätte entlocken. Er teilt uns sofort mit, dass er mit diesem Verein rein gar nichts am Hut hat und lieber zu RB Leipzig (RasenBallsport) geht, obwohl er hier wahrscheinlich direkt vom Fenster die Partien verfolgen kann. “Dieses Jahr wird es der Pacult schon machen, der Oral war doch eine glatte Null!” Im gleichen Atemzug verweist er darauf, dass die Straße vor dem Eingang zum “Chemie-Stadion” die Grenze zwischen Böhlitz-Ehrenberg und Leipzig-Leutzsch darstellt – seine Abneigung scheint riesengroß.

Schnell wird uns klar, dass er lieber auf einen weiteren Spielbetrieb an diesem Ort verzichtet hätte, da es ihm einfach zu laut ist. “Die haben die ganze Nacht das Licht der Flutlichtmasten angelassen, keiner fühlte sich nach dem Training scheinbar dafür verantwortlich den Aus-Schalter zu betätigen! Echt kein Wunder dass der FC Sachsen Leipzig Pleite gegangen ist. Und gesoffen haben die – wie die Weltmeister. Wenn die Polizei kam, war für fünf Minuten kurz Ruhe und dann ging es umso lauter bis zum Morgengrauen weiter. Die zwei neuen Mieter werden (hoffentlich) auch bald wieder die Insolvenz anmelden!” Für den einen Freud, für den anderen Leid. Scheinbar ist er damals beim Kauf der Wohnung einem sehr gewitztem Makler auf den Leim gegangen.

Wir verabschieden uns freundlich per Handschlag nachdem wir noch ein paar wilde Geschichten über die Gewaltausbrüche bei den Spielen gegen Lok Leipzig mit Wasserwerfern sowie tausenden Polizisten gehört haben und wünschen ihm alles erdenklich Gute für die Zukunft. Obwohl wir und sicherlich auch er schon wissen, dass es nun mit dem doppelten Spielbetrieb der SG Leipzig-Leutzsch und der BSG Chemie Leipzig, natürlich auch deutlich lauter für den alten Rentner in seiner Eigentumswohnung in Leipzig-Leutzsch (Böhlitz-Ehrenberg!) werden wird. Bekanntlich wird ja nun ab sofort doppelt trainiert und jeweils Samstag und Sonntags zu den Heimspielen an dieser Stelle gespielt. Und natürlich wird aber nun auch doppelt so viel gesoffen und noch mehr gegrölt…

[ab]


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